Yotam Ottolenghi, Sami Tamimi: Jerusalem

jerusalem kochbuch

Ein Kochbuch… jetzt taucht hier inmitten all der Romane und mancher Sachbücher tatsächlich ein Kochbuch auf und dazu noch eins mit dem seltsamen Namen Jerusalem. Aber genau deswegen taucht es hier auf, weil es sich von anderen Kochbüchern unterscheidet, weil es einer der Städte auf unserer Erde gewidmet ist, in der Menschen, Religionen und Völker unterschiedlichster Art zusammenleben oder auch gegeneinander kämpfen. Andererseits ist das Kochen, das gemeinsame Essen neben der Musik vielleicht die Tätigkeit, die Menschen, auch wenn sie verfeindet sind, miteinander ins Gespräch bringen kann, weil Essen und Musik etwas im Menschen berührt, was tiefer geht als die nichtigen Ursachen, aus denen man sich gemeinhin zerstreitet und die bei guten Willen beider Seiten eigentlich relativ leicht aus der Welt geschafft werden könnten. Eigentlich – aber leider ist der Mensch als solcher wohl so doch nicht gestrickt… und die beiden Autoren, ein Palästinenser und ein Jude [1], sind leider eine Ausnahme.

Jerusalem, Jahrtausende alt. Von David gegründet als Hauptstadt seines Reiches, von Babylon erobert, von Rom Jahrhunderte später ebenfalls. Der große Tempel zerstört, die Juden besiegt und aus der Stadt getrieben. Vorher aber kreuzigten sie noch einen der Ihren, der die Macht der Hohepriester bedrohte mit seinen Predigten. Daß sich daraus mit dem Christentum die größte aller Weltreligionen entwickeln sollte, hat seinerzeit niemand ahnen können. Später eroberten dann die Muslime die Stadt, von der aus ihrem Glauben nach der Prophet in den Himmel aufstieg. Die Herrschaft der Muslime in der Stadt dauerte Jahrhunderte, für einige Jahrzehnte gelang es im 11./12. Jhdt den christlichen Kreuzfahren, die Stadt zu erobern und zu beherrschen, bevor sie wieder vertrieben wurden.

Später versank die Stadt zu einem unbedeutenden Provinznest, das 1917 von den Briten erobert wurde. In diese Zeit fällt auch das erwachende Nationalbewusstsein der Palästinenser und der Beginn der zionistischen Idee mit ihrem Anspruch auf Palästina. Durch die politische Entwicklung und die drohende Vernichtung vertrieben, kamen immer mehr Juden ins Gelobte Land, bis die Vereinten Nationen 1947 beschlossen wurde, Palästina aufzuteilen und Jerusalem unter internationale Überwachung zu stellen. Was folgte, war jedoch kein friedliches Nebeneinander, sondern eine Abfolge von Kriegen, Kämpfen und Aufständen. Seit 1967 steht auch der Ostteil der Stadt, der bis dato von Jordanien verwaltet worden war, unter israelischer Verwaltung [2].

In Jerusalem leben Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen zusammen, die Zu- und Einwanderung von Juden aus aller Welt trägt zu diesem „Gemisch“ bis heute bei. Jede dieser Kulturen hat ihre eigenen Traditionen, ihre eigenen nationalen Gerichte und Rezepte, die sich in Jerusalem alle wiederfinden lassen. So unterschiedlich diese auch sein mögen, so lassen sich doch Gemeinsamkeiten feststellen: Tomaten und Gurken werden von jedem zu einem Salat zusammengestellt, Gemüse wird eingelegt und/oder gefüllt, Olivenöl ist allgegenwärtig in Gebrauch und mit Käse gefülltes Gebäck bei den meisten Küchen zu finden.

Davon abgesehen gibt es die typisch lokalen und regionalen Spezialitäten und Zutaten: Gemüse verschiedenster Arten, Früchte, Hülsenfrüchte und Getreide, an Fleisch vorwiegend Lamm und Geflügel…

In ihrer Einführung befassen sich die beiden Autoren ausführlich mit diesen Gesichtspunkten, es ist eine interessante Sicht auf diese uralte und doch so lebendige Stadt. Der eigentlichen Rezeptteil ist gegliedert nach den Hauptkomponenten der Speisen: Gemüse, Hülsenfrüchte und Getreide, Fleisch, Fisch, aber auch nach deren Art: Suppen, Gebäck, Dessertes und Extras. Für mich war interessant, daß speziell im „Gemüseteil“ und bei Salaten vieles so aussieht (bis hin zu den verwendeten bzw. zu verwendenden Gewürze), wie ich gerne esse bzw. bei uns zu Hause gekocht wird. Haben die oftmaligen Aufenthalte in der Türkei doch heftig abgefärbt…. ;-).

Die Rezepte sind, soweit schon ausprobiert, nicht kompliziert und gut nachzukochen, durch die Bebilderung des Buches läuft schon lange, bevor die Gerüche durch die Küche wallen, das Wasser im Mund zusammen…. Die erwähnten Bilder [3] zeigen nicht nur Speisen, es sind auch viele Bilder aus der Stadt dabei, von Märkten, aus Geschäften oder einfach nur von Menschen….

Es wird sicher so bald nicht wieder vorkommen, daß ich hier ein Kochbuch vorstelle, aber jenseits von „Koch-“ ist dieses „-buch“ so schön, daß ich es einfach hier beschreiben wollte. Daß es natürlich im Text, zwischen oder zu den Rezepten immer noch zusätzliche Erläuterungen und Erklärungen gibt zur Herkunft oder Verwendung oder .. oder … oder einzelner Zutaten oder Speisen, habe ich das schon erwähnt? Nein, ich glaube nicht… aber jetzt…

Guten Appetit und viel Spaß beim Blättern!

Links und Anmerkungen:

[1] Adam Jacques: How we met: Sami Tamimi & Yotam Ottolenghi; in: http://www.independent.co.uk/news/people/profiles/how-we-met-sami-tamimi-yotam-ottolenghi-8857491.html
[2] zu diesem Thema ist das Buch von Lizzie Doron: Lizzie Doron: Who the Fuck is Kafka? empfehlenswert: https://radiergummi.wordpress.com…kafka/ (Buchvorstellung hier im Blog)
[3] ein paar Bilder sind in der ‚Mediathek‘ auf der unten verlinkten Verlagsseite zu sehen

Yotam Ottolenghi, Sami Tamimi
Jerusalem
Übersetzt aus dem Englischen von Barbara Holle
Originalausgabe: Jerusalem, London, 2012
diese Ausgabe
: Dorling Kindersley, 2015

9 Kommentare zu „Yotam Ottolenghi, Sami Tamimi: Jerusalem

  1. Ich finde das ist doch mal ein lesenswertes und nachkochbares Buch. Beides miteinander verbunden, lässt einen die Gerichte bestimmte besser verstehen.

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  2. Dieses Kochbuch ist wirklich wunderschön und die Rezepte sind hervorragend. Für mich ist Ottolenghi der Koch unserer Zeit. Ich finde es klasse, das du dieses Kochbuch hier besprichst. Wie sagt man so schön: „Kochen verbindet!“ Wie man an diesem Kochbuch sieht, Menschen, Länder, ja, ganze Völker.
    Wenn du Geschmack an Ottolenghis Küche gefunden hast, sein Kochbuch über die Küche seines gleichnamigen Londoner Restaurants „Nori“ ist auch genial und wieder wunderschön aufgemacht, mit zahlreichen Erläuterungen, einfach auch mal ein schönes Geschenk. Liebe Grüße und man liest sich, spätestens wenn ich hier mal wieder zum Stöbern vorbeischaue (schöne Seite)! Heike

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    1. liebe buchlotsin, herzlichen dank für deinen besuch und den kommentar. ich habe von ottolenghi das vegetarische kochbuch noch im regal liegen, verpackt schon, zum verschenken. es dauert leider noch ein wenig, bis dieser geburtstag ist, andererseits, so lange ist es auch nicht mehr! :-) vielleicht folgt Nopi dann als nächstes…
      herzliche grüße und fühl dich willkommen geheißen auf meiner seite!
      gerd

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