Avi Primor: Süß und ehrenvoll

Dulce et decorum est pro patria mori (Horaz, carmina 3,2,15) Bildquelle: www.stahlgewitter.net
Dulce et decorum est pro patria mori
(Horaz, carmina 3,2,15)
Bildquelle: http://www.stahlgewitter.net

Größer könnte der Gegensatz kaum sein zwischen dem Titel des Buches, angelehnt an einen Spruch des römischen Philosophen Horaz [1] und der bitteren Realität, die der Autor dann in seinem Roman aufbereitet.

Avi Primor, ehemaliger Botschafter des Staates Israel in Deutschland [2], legt mit „Süß und ehrenvoll“ einen Anti-Kriegsroman vor, der sich mit der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts auseinandersetzt: dem 1. Weltkrieg. Dieser Krieg, den niemand vorhergesehen hatte und dessen auslösendes Ereignis, das Attentat auf den Thronfolger Franz Ferdinand, anfänglich eher als minder bedeutend eingestuft worden war [3], führte ab Mitte 1914 dazu, daß der Kontinent an zu brennen anfing.

Und es brannten auch die Herzen der Menschen in allen involvierten Staaten vor Patriotismus, vor Kriegsbegeisterung. Kritische Stimmen wurden nicht gerne gehört, Begeisterung, Jubel war angesagt und in Deutschland sah eine gesellschaftliche Gruppe von Menschen in dem Krieg sogar eine Chance, sich zu beweisen: als Deutsche, als echte, patriotische Deutsche. Es waren die assimilierten Juden, die sich zwar als Deutsche fühlten, die aber von außen immer noch als fremd nicht dazu gehörig angesehen wurden [13]. Jetzt jedoch konnten sie sich beweisen: durch herausragende Tapferkeit, durch auch finanzielle Großzügigkeit. Wenn dieser Krieg erst gewonnen ist, in ein paar Wochen also, würde niemand mehr zweifeln, daß Juden Deutsche sind, der häßliche Antisemitismus würde endgültig verschwinden.

Süß und ehrenvoll“ beschränkt sich in seiner Handlung auf den Zeitraum des Krieges, also auf die vier Jahre von 1914 bis 1918. Primor schildert zwei Handlungsstränge, die parallelen Geschichten zweier junger jüdischer Männer, die so ähnlich sind, daß sie fast ausgetauscht werden könnten. Es ist dies zum einen der junge französische Jude Louis Naquet aus Bordeaux, der gerade vor dem Abitur steht. Die Eltern betreiben eine Bäckerei, in der er gerne und viel hilft. Es ist ein harmonisches Familienleben und das einzige, was das momentane Glück etwas trübt, ist die Tatsache, daß Louis zum Wehrdienst muss, der drei Jahre dauert.

Das deutsche Pendant zu Louis ist Ludwig Kronheim, er ist Sohn eines jüdischen Arztes in Frankfurt am Main. Auch ihn lernen wir als Abiturienten kennen. Im Gegensatz zu Louis erfährt Ludwig aber den mehr oder weniger unterschwelligen Antisemitismus in Deutschland am eigenen Leib. Überhaupt ist die Atmosphäre in Deutschland martialischer, Primor beginnt seinen Roman mit der Schilderung des Nachspielens der Schlacht von Sedan [4] in der Schule Ludwigs.

Auch Ludwig schafft sein Abitur sehr gut, er geht nach Heidelberg zur Uni, lernt dort ein Mädchen kennen, lernt dieses Mädchen zu lieben, beide sind glücklich miteinander. Daß Ludwig Jude ist und das Mädchen Christin ist für die beiden selbst überhaupt kein Problem, für die Eltern ist es noch kein wirkliches Problem, man ist modern und aufgeschlossen… Im August 1914 fährt Ludwig mit den Eltern nach Berlin, sie jubeln dort dem Kaiser zu, eine Stadt im Ausnahmezustand des gerade beginnenden Waffengangs, Ludwig und seine Eltern machen da keine Ausnahme. Aber schon in diesem Moment zeigen sich die dunklen Seiten des Krieges: Friede, eine gute Freundin von Karoline, erhält von der Front die Todesnachricht ihres Verlobten…

A German trench occupied by British Soldiers near the Albert-Bapaume road at Ovillers-la-Boisselle, July 1916 during the Battle of the Somme. The men are from A Company, 11th Battalion, The Cheshire Regiment. Quelle [5]
A German trench occupied by British Soldiers near the Albert-Bapaume road at Ovillers-la-Boisselle, July 1916 during the Battle of the Somme. The men are from A Company, 11th Battalion, The Cheshire Regiment.
Quelle [5]
Sie ziehen in den Krieg, Ludwig und Louis. Und wie ähnlich ist er für beide… erst die schnellen Bewegungen des Krieges, Eilmärsche mit vollem Gepäck, 30 kg schwer. Es gab keine Pausen, die Notdurft im Marschieren, dreckig, besudelt, stinkend marschieren sie, ständig in der Gefahr, beschossen zu werden, hungrig und durstig. Der Bewegungskrieg geht im Sinne der Deutschen erst zügig nach vorne, ist siegreich, bevor er durch das „Wunder an der Marne“ [6] gestoppt wurde: der Krieg verliert an Tempo, wandelt sich an der Westfront in einen Stellungskrieg [5].

Es wird geschanzt, Schützengräben werden ausgehoben, Laufgräben, zum Teil liegen nur wenige -zig Meter zwischen den Stellungen der Deutschen und der Franzosen. Alles Leben spielt sich im Graben ab, die Uniformen kamen wochenlang nicht vom Körper, ebenso die Stiefel. Ratten durchstreiften die Gräben, wenn es regnete, versank alles im Schlamm. Unregelmäßig die Versorgung durch die Etappe, immer auf dem Sprung, immer bereit zur befohlenen Attacke, die immer spätestens im zweiten feindlichen Schützengraben ihr Ende fand. Zwischen den Gräben die Leichen, die eigenen, von denen des Feindes in der Dunkelheit, wenn die Kameraden versuchen, sie zu bergen, oft nicht zu unterscheiden. Abgerissene Gliedmaßen, Arme, Beine, Gedärm hängen in den Stacheldrahtverhauen….. alles geht in Verwesung über, ein unerträglicher Gestank wabert durch die Gräben. Das Bergen der Gefallenen – es ist nur unter Lebensgefahr möglich, Scharfschützen nehmen alles auf´s Korn, was sich bewegt…

Halt bieten die Briefe nach und von zu Hause, die Briefe, die Ludwig seiner Karoline schreibt, in der er ihr seine Liebe versichert, von dem, was er täglich erlebt, kann er nur wenig schreiben… Heimaturlaub ist selten und er ist kompliziert. Beide Elternteile, die dachten, die geduldete Freundschaft würde sich durch die lange Trennung lösen, verbieten jetzt die Beziehung der beiden, die sich anstatt auseinander zu brechen, zu festigen scheint. Es kommt zum Bruch. Als Soldat (er hat wegen seiner Tapferkeit das Eiserne Kreuz verliehen bekommen) wird Ludwig in der Heimat herumgereicht, aber er versteht die Heimat nicht mehr, was dort geredet wird und was er in den Gräben erlebt hat – es ist nicht die gleiche Welt, die sich da zeigt! Aber noch immer glaubt er, der Krieg würde den Antisemitismus ausrotten… Karoline ist da sehr viel realistischer.

Louis geht es nicht viel besser, auch er muss durch die Unmenschlichkeit des Krieges hindurch, liegt in den gleichen Gräben wie sein Gegenüber, von dessen Existenz er nichts weiß. Primor läßt sich die beiden begegnen, in jener legendenartigen Weihnachtsszenerie des spontanen Waffenstillstand an dem Frontabschnitt, des gemeinsamen Singens von Weihnachtsliedern, des Moments, in dem jeder sah, daß der andere, der Feind, auch nur ein Mensch war… ein Jude, ein Gedanke, den sich weder Louis noch Ludwig gemacht hatten, daß hier und jetzt Juden gegen Juden kämpfen und sich töten….

So begleiten wir beide Protagonisten durch den Krieg. Hat Ludwig schon seine Karoline, die eisern zu ihm steht, so lernt Louis seine Elise auf Heimaturlaub kennen, sein Schicksal ist gnädiger: auch Elise ist Jüdin. Verfolgen wir Ludwig, so kommen wir auch an die Ostfront, hier ist noch Bewegungskrieg, auch werden die deutschen, insbesondere die jüdischen Soldaten von der einheimischen Bevölkerung freundlich empfangen, hier lernt der aufgeklärte, deutsche Jude das osteuropäische Judentum kennen.

Louis  erleben wir bei Kämpfen in Italien, das auf der Seite der Entente in den Krieg eingetreten ist – gegen seine Bündnispartner…

Der Gaskrieg in den Stellungen, die fürchterlichen Verätzungen, die lebensgefährlichen Verletzungen, die er zufügt… beide, Louis und Ludwig zeichnen sich durch Tapferkeit und Umsicht in kritischen Situationen aus, beide werden befördert, Louis letztlich sogar bis zum Hauptmann, Ludwig zum Feldwebel. Ungewöhnlich dies, steht Juden im Militär doch keine Aufstiegsmöglichkeit offen. Aber die meisten Kameraden, die normalerweise befördert werden würden, sind schlicht und einfach tot.

Primor konzentriert sich auf das Detail, die große Kriegsführung läßt er beiseite. Er schildert die Schrecken des Krieges, die Abstumpfung der Soldaten, die Entfremdung zwischen Heimat und Front. Was für die Frontsoldaten ein wunderbares Ereignis war, die erwähnte Weihnachtsepisode, war für die Daheimgebliebenen Experten eine todesstrafenwürdige Verbrüderung mit dem Feind….

Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche!
(Wilhelm II.)

Die Desillusionierung: Im Jubel des Kriegsausbruchs fühlen sich die deutschen Juden als voll anerkannte Deutsche und sie wollen sich als würdig beweisen. Mitten im Krieg aber wird 1916 von der kaiserlichen Armee eine Judenzählung durchgeführt mit dem Ziel, nachzuweisen, daß der Jude ein Drückeberger ist, ein Schmarotzer, einer, auf den nicht zu zählen ist. So wurden zum Beispiel verletzte jüdische Soldaten, die im Lazarett lagen, als „abwesend von der Front“ registriert… Die Ergebnisse der Zählung wurden im Krieg geheim gehalten, erst nach der Niederlage gab es Veröffentlichungen von Ergebnissen [7], die das Vorurteil der „Drückebergerei“ zu bestätigen schienen. Ludwig, selbst schwer verwundet im Lazarett, der mit Kameraden darüber diskutiert, wird in seinem Patriotismus unsicher, dieser schwankt, aber er fällt nicht…

Offensichtlich war es Primor wichtig, einzelne Vorkommnisse mit ein seinen Roman einzubauen, auch wenn sie mit der Handlung nur beiläufig zu tun hatten. So schiebt er ein kurzen Abschnitt ein über den Suizid von Clara Immerwahr, der Ehefrau von Fritz Haber, der den Einsatz von Gas als Kriegswaffe mit Macht entwickelt und forciert: „Im Frieden der Menschheit, im Krieg dem Vaterland“, so lautet seine Maxime.“ Was er als vaterländische Pflicht ansieht, empfindet sie [i.e. Clara Immerwahr] als Perversion der Wissenschaft. Mit Entsetzen verfolgt sie, wie ihr Mann die Entwicklung einer neuen, schrecklichen Waffe forciert: Giftgas. „Wenn du wirklich ein glücklicher Mensch wärst, dann könntest du das nicht machen“, sagt sie ihm. Doch sie predigt tauben Ohren. Clara Immerwahr, eine der ersten weiblichen promovierten Wissenschaftlerinnen in Deutschland, suizidiert sich am Abend des Tages, an dem Fritz Haber einen Empfang gibt anläßlich des ersten verheerenden deutschen Giftgasangriff bei Ypern am 22. April 1915. [8]

Mit einer weiteren Mär will Primor aufräumen: mit der vom tapferen Frontsoldaten Adolf Hitler mit seinen Auszeichnungen [9], die dieser später sehr wirksam in der Öffentlichkeit einsetzte. Er schildert in einer Szene, wie sein Vorgesetzter, der (jüdische) Leutnant Gutmann, Regimentsadjudant, sich bei seinem Kommandeur vehement dafür einsetzt, Hitler das EK1 zu verleihen, obwohl die Verleihungsvoraussetzung, die Tapferkeit vor dem Feind nämlich, nicht gegeben war, da Hitler als Melder vorwiegend in der Etappe agierte. Die Verleihung solle den introvertierten Menschen, der keine Freunde hat und um den Orden förmlich gebettelt habe, anspornen….

So begleiten wir die beiden Protagonisten durch den Krieg, durch das wechselnde Schlachten“glück“, das sich letztendlich dann völlig gegen Deutschland gewendet hat. Sie überleben alles, das große gegenseitige Abschlachten, das unsinnige Anrennen gegen die Stellungen des Feindes, das Niedermähen der stürmenden Soldaten durch die ratternden MG-Salven, das Gas…. Bis zum Schluss stehen sie zu ihrer Überzeugung, lassen sich von Aufständen nicht verführen, verurteilen die zunehmenden Desertionen ….in einem schon fast kindlich anmutendem Szenario treffen die beiden dann noch einmal aufeinander: sie leiten in der Endphase des Krieges jeweils einen Spähtrupp, lauschen wie die Indianer mit den Ohren am Boden, ob der Feind zu hören ist… er ist es nicht und im dichten Nebel über dem See ist er kaum zu sehen…

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Primors Buch erinnert natürlich an den Klassiker der Anti-Kriegsliteratur überhaupt, an Remarques: Im Westen nichts Neues [10] und erweitert ihn um den Aspekt des „Jüdischen“: das z.T. blinde Vertrauen vieler Juden darauf, durch „Leistung“ ihr Deutschsein unter Beweis stellen zu können und endlich auch im Herzen aller Deutschen als Deutsche anerkannt zu werden, sprich: den latenten und offenen Antisemitismus zu besiegen. Bezeichnenderweise bedeutet „Leistung“ nicht, intellektuelle, technische oder zivilisatorische Fortschritte für den Staat, die Nation zu erbringen, sondern es bedeutet: sich zu opfern, bereit sein, sich töten zu lassen (wie weiland Abraham bereit war, seinem G*tt Isaac zu opfern…). Fritz Haber, dieser so zwiespältige Mensch, der ganz herausragende wissenschaftliche Leistungen vollbrachte und der sich dennoch in den Dienst des Tötens stellte, wurde bezeichnenderweise und die Perversion dieses skizzierten Gedankens offenlegend, als Belohnung für seine Arbeiten zum Einsatz von Gas zum Hauptmann befördert, etwas, was einem Juden sonst praktisch nicht möglich war. In ihm, Fritz Haber, kulminiert dieses hoffnungsfrohe (wir werden endlich anerkannt und akzeptiert werden), aber letztlich die Realität völlig ignorierende Motiv der assimilierten deutschen Juden wohl am offensichtlichsten. Und auch die Blindheit der Juden: der durch ihn ausgelöste Suizid seiner Frau läßt Haber völlig kalt, er fährt noch am gleichen Tag wieder an die Front, zu seinem Gas.

Der zweite das Jüdische betreffende Aspekt ist die Tatsache, daß im 1. Weltkrieg Juden gegen Juden kämpften, sich töteten, sich ermordeten, sich abschlachteten. Auf deutscher Seite, wie oben geschrieben, um endlich anerkannt zu werden, auf französischer Seite zog man gerne in den Krieg, um seine Dankbarkeit zu beweisen, dem französischen Volk endlich zurückzahlen, was es für ihn getan hat. Söhne des verfolgten Volkes, des auserwählten, auf beiden Seiten, ein besondere Art des Brudermordes, die letztlich keiner Seite gedankt wird: in Deutschland wird zwei Jahrzehnte später die Shoah wüten, und Frankreich wird ihr zuarbeiten [11]…

Eigentlich müsste man sich noch den Frauenbildern widmen, die Primor in seinem Roman zeichnet. Es sind (wie oft im richtigen Leben auch) nämlich diese Frauen, die den Blick behalten für die Realität, während die Männer ihren Träumen nachjagen und blutige Spiele spielen, es sind die Frauen, die das Leben aufrechthalten und weitergeben, es sind die Frauen, die bereit sind, für das Menschliche menschengemachte Regeln zu brechen während die Männer lieber die Regeln einhalten und die Menschen zerbrechen…..

Deprimierend wirkt auf mich die letzte Szene, die Primor schildert: Trost und Aufrichtung finden Karoline, Friede und Selma, Ludwigs Mutter, ausgerechnet in der Begegnung mit Hindenburg, im Militärischen also….

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„Süß und ehrenvoll“ ist keine reine Fiktion. Primor setzt die Lebensläufe seiner Protagonisten vor dem historischen Hintergrund des 1. Weltkrieges aus vielen, sehr vielen echten Briefen zusammen, die von der Front in die Heimat und von der Heimat an die Soldaten geschickt wurden. Es ist ihm zu danken, daß er diese Briefe der ungenannten, vergessenen Soldaten ehrt, in dem er sie so verwendet und ihnen damit eine Stimme gibt. Über die Entstehungsgeschichte des Romans ist das im Deutschlandfunk erschienen Interview von [12].

Primors Roman bringt über die besondere Grausamkeit dieses Krieges nichts wirklich neues – wer könnte dies schon nach Remarques Buch. Aber er macht noch einmal deutlich, wie wenig der Mensch damals zählte, wie verblendet, wie verbohrt er von der militärischen Führung als Kanonenfutter verheizt worden ist. Und in seinen (manchmal etwas unvermittelten) Abschnitten über Gegebenheiten, die vllt nicht so geläufig sind (der Suizid Clara Immerwahrs, die Ordensverleihung an den Gefreiten Hitler) macht er den Leser auf eben diese Tatsachen aufmerksam und verführt ihn dazu, sich eingehender damit zu beschäftigen. Und verdienstvoll ist es in jedem Fall, den Aspekt des jüdischen Brudermordes zu beleuchten und die Vergeblichkeit und Blindheit mit der in Deutschland die Juden auf Anerkennung durch ihren besonderen Eifer im Krieg hofften….

Süß und ehrenvoll“ ist ganz sicher ein Roman, der das Tagesgeschäft überleben wird. Und das ist gut so.

Links und Anmerkungen:

[1]  „Der Ausspruch, daß es süß und ehrenvoll sei, für das Vaterland zu sterben, kann nur als Zweckpropaganda gewertet werden. Der Abschied vom Leben fällt immer schwer, im Bett wie auf dem Schlachtfeld, am meisten gewiß jungen Menschen in der Blüte ihrer Jahre. Nur Hohlköpfe können die Eitelkeit soweit treiben, von einem leichten Sprung durch das dunkle Tor zu reden,und auch dies nur, solange sie sich weit ab von de letzten Stunde glauben. Tritt der Knochenmann aber an sie selbst heran,dann nehmen sie den Schild auf den Rücken und entwetzen wie des Imperators feister Hofnarr bei Philippi, der diesen Sprucher sann“ (So äußert sich Brecht 1915 in einem Schulaufsatz, der beinahe zu seinem Verweis von der Schule geführt hätte. Zitiert nach: Hildebrecht Hommel: Dulce et dedorum in http://www.rhm.uni-koeln.de/111/Hommel.pdf. Es bedarf in der Tat schon großer Sophistik, diesem Spruch Horaz´ Gültigkeit zuzubilligen….)
[2] Wiki-Artikel zu Avi Primor: http://de.wikipedia.org/wiki/Avi_Primor
[3] Brigitte Hamann zitiert in ihrem Buch: Hitlers Edeljude – Das Leben des Armenarztes Eduard Bloch (München, 2008. Bloch war der jüdische Hausarzt der Mutter Hitlers) aus dem Tagebuch Arthur Schnitzlers: Die Ermordung F.F.s [i.e. des Thronfolgers Franz Ferdinand] nach der ersten Erschütterung wirkte nicht mehr stark nach. Seine ungeheure Unbeliebtheit.“ Der Kaiser habe, was die Trauerfeiern betraf, auch gesagt: „Will, das alles möglichst schnell erledigt werde.“ Ungehaltener war der Kaiser darüber, daß das Burgtheater gesperrt wurde.“ … Erst einen Monat nach dem Attentat, am 28. Juli 1914, erklärte der Kaiser Serbien den Krieg. [Hamman, S. 104/5]. Durch Bündnisverpflichtungen, verbunden mit durchgehend falschen Einschätzungen der eigenen Stärke und der vermeintlichen Schwäche potentieller Feinde breitete sich dieses im Grunde eher lokale Kriegsereignis wie ein Flächenbrand über Europa und darüber hinaus aus.
[4] Bei Sedan wurde 1870/71 der entscheidende Sieg über Frankreich errungen, vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Sedantag
[5] Wiki-Artikel zum Stellungskrieg: http://de.wikipedia.org/wiki/Stellungskrieg
Bild: John Warwick Brooke [Public domain], via Wikimedia Commons
[6] Wiki-Artikel zur Schlacht an der Marne: http://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_an_der_Marne_(1914)
[7] Wiki-Artikel zum Thema „Judenzählung“:  http://www.hagalil.com/archiv/2010/10/11/judenzaehlung/
Wie Saul Friedländer ausführt, war ironischerweise gerade die Tatsache, daß Juden im Krieg vermehrt in Offiziersränge aufstiegen, Anlass für das düpierte Offizierskorps, in antisemitischen Kreisen nach Hilfe zu suchen, diesen Beförderungen ein Ende zu bereiten. So war die Zählung mehr als die Initiative einiger böswilliger Beamter, es war „.. realer Ausdruck einer realen Stimmung: daß wir fremd waren, daß wir daneben standen, besonders rubriziert und gezählt, aufgeschrieben und behandelt werden müssten.“ Rathenau schrieb an einen Freund: „.. Je mehr Juden in diesem Krieg fallen, desto nachhaltiger werden ihre Gegner beweisen, daß sie alle hinter der Front gesessen haben, um Kriegswucher zu treiben. Der Hass wird sich verdoppeln und verdreifachen.“ (zitiert nach Paul Friedländer: Das Dritte Reich und die Juden – Die Jahre der Verfolgung 1933 -1939, München, 1998, S. 87ff)
[8] Volker Ullrich: Die Zerstörung einer Frau http://www.zeit.de/1993/23/die-zerstoerung-einer-frau/komplettansicht
[9] Hitler bekam im 1. Weltkrieg insgesamt 3 Orden verliehen: Dez. 1914 das Eiserne Kreuz II. Klasse, Mai 1918 das Regimentsdiplom wegen Tapferkeit vor dem Feind und im August 1918 das Eiserne Kreuz I. Klasse: „Ein konkreter Anlaß für diese Auszeichnung ist allerdings bis heute nicht ausfindig gemacht worden, Hitler selbst hat nie darüber gesprochen, vermutlich und das Eingeständnis zu vermeiden, daß er die Auszeichung dem Vorschlag des jüdischen Regimentsadjudanten Hugo Gutmann verdankte. …“ schreibt schon Fest in seiner Hitler-Biographie (Joachim C. Fest, Hitler, Propylän, 1981, S. 103). Wie Primor berichtet, wurde Gutmann später von den Nazis inhaftiert, alte Regimentsfreunde konnten ihn jedoch befreien und er floh in die USA, wo er sich unter dem Namen „Grant“ niederließ.
vgl auch: Sven Felix Kellerhoff: Adolf Hitler war im Ersten Weltkrieg ein Feigling;   http://www.welt.de/kultur/article9673138/Adolf-Hitler-war-im-Ersten-Weltkrieg-ein-Feigling.html
[10] vgl hier: Erich Maria Remarque: Im Westen nichts Neues; https://radiergummi.wordpress.com/2011/08/25/erich-maria-remarque-im-westen-nichts-neues/
[11] was Frankreich angeht kann man z.B. hier ein wenig nachlesen:
– Tatiana de Rosnay: Sarahs Schlüssel
– Lion Feuchtwanger: Der Teufel in Frankreich
– Irène Némirovsky: Suite française
– u.a.m.: http://na2weho.wordpress.com/autorenverzeichnis/
[12] Tanya Lieske: Avi Primor: „Süß und ehrenvoll“; http://www.deutschlandfunk.de/antikriegsroman-avi-primor-suess-und-ehrenvoll.1202.de.html?dram:article_id=277710 (mit Audiodatei)
[13] Nach Jahren relativer Ruhe suchte sich gerade in dieser Zeit der latente Antisemitismus wieder öffentliche Sprachrohre wie den 1912 gegründeten Verband gegen die Überhebung des Judentums: „Eine der höchsten Prioritäten war es, die jüdische „Rasse“ aus dem öffentlichen Leben der Nation auszuschließen.“ (nach Friedländer, a.a.O., S. 91)
Wiki-Seite zum „Verband…“: http://de.wikipedia.org/wiki/Verband_gegen_die_Überhebung_des_Judentums

Avi Primor
Süß und ehrenvoll
übersetzt aus dem Hebräischen von Beate Esther von Schwarze
diese Ausgabe: Quadriga, HC, 384 S., 2013

2 Kommentare zu „Avi Primor: Süß und ehrenvoll

  1. Hat dies auf A Passing Feeling rebloggt und kommentierte:
    Auch wenn ich selbst keine Rezensionen schreibe, lese ich natürlich welche. Hier sprach mich der Satz „Primors Buch erinnert natürlich an den Klassiker der Anti-Kriegsliteratur überhaupt, an Remarques: Im Westen nichts Neues“ an. In der Hoffnung, dass die Ähnlichkeit auch auf die Sprache zutrifft, habe ich heute Abend mit „süß und ehrenvoll“ begonnen. Zur Zeit habe ich einen Hang zu einfachen Sätzen und ich hatte Glück mit meiner Wahl, denn Primors Sprache ist ähnlich klar, schlicht und einfach wie die Sprache Remarques.

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