Kurt Palm: Bad Fucking

Österreich ist bekannt für schräges, die Hänge der Berge sind schräg, es gibt schrägstehende Schragen, dies nur unter anderen, mithin ein schrägliches Land. Manche Krimis übrigens auch. Schräg. So dieser. Schräg, skurril, bizarr, selbst für Piefkes, die sicherlich nur die Hälfte (wenn überhaupt) der Anspielungen Palms auf österreichische Eigentümlichkeiten verstehen.

Die Handlung. Die gibt es auch, ganz sicher. Nur: so wie an einer Wäscheleine die Wäschestücke aufgehängt und sicherlich viel interessannter sind als die Leine (zumindest, wenn sie von.. aber lassen wir das), so nutzt Palm seine Handlung viel mehr, um seine Personen in Szene zu setzen und deren Besonderlichkeiten zum Thema zu machen.

Der Ort. Bad Fucking. So ähnlich sieht Dodo es auch, die öfter mal die Worte, die sich auf „nicken“ und auf „harsch“ reimen, im Mund führt. Liegt am Ende einer Straße. Am Ende, weil die Weiterführung durch einen Bergrusch begraben wurde, so wie z.B. auch die Eltern von Veronika, die sich zum Rutschzeitpunkt im Auto justament am falschen Ort befanden. Bad Fucking, soll das heißen, ist also abgeschieden, von der Welt. Hier heißt die Polizei noch Gendamerie, weil die Info über die Auflösung der Bundesgendamerie (2005) bis hierhin noch nicht durchgedrungen ist. Aber: Bad Fucking hat eine eigene Internetplattform. Immerhin. Dagegen keinen Handyempfang.

Die Besucher. Das ist erst einmal die Cheerleadertruppe von Sandra (–>), ausgerüstet mit den Handys der neuesten Generation: aber „Arsch geleckt „(–> ja, so redet sie, die Dodo), sie funzen nicht. Bunte Pompons, knackige Körper, Arschgeweihe. Schicksalshaft: müssen in der örtlichen Bar umständehalber U-Boot trinken. // Unter Sandra, ihrer Ausbilderin, öffnet sich beim Pinkeln im Wald der Boden und verschlingt sie. // Greg: dunkel wie die Nacht, auf Rettungsaktion, trampt mit dem Schild „Bad Fucking“. // Glyck: gehabt, Camilla.  Die Bundeskriminalbeamtin klärt auf, verliert aber den Überblick. // Milena: Berufseinbrecherin. Ist mit dem aktuellen Auftrag nicht glücklich, wird verfolgt. Fängt mit ihrer Venusfalle den Adalbert (Achtung: nicht der Dickhut) ein. // Sarema Abubakawowa und Said al-Chattab: sind ganz böse Menschen! // Maria Sperr: Innenministerin, Bauunernehmerin, im Moment mit einem ganz schlechten Karma (Stichwort: „Muschilecken„) unterwegs. Verschwindet im Lauf der Geschichte und lernt, mit gespaltener Zunge zu reden. // Bendar ist der Hai, Finanz-

Die Bewohner. Veronika: Überlebende Tochter oben genannte Eltern. Entwickelt Bilder. // Philipp: Baggert Veronika (–>) an, indem er bei ihr Bilder von penisförmigen Pilze entwickeln läßt. Und von seinem eigenen .. ähh .. Pilz..ähh. // Dr Ulrich: der Zahnarzt, der die es liebt, den haarkranzumwucherten Zugang seiner Putzfrau abzulichten. // Jagoda Dragicevic: stark behaart, putzt einmal wöchentlich die Ordination von Dr. Ulrich (–>), hält ihrem Arbeitgeber den Spucknapf, zwecks Hygiene. Will zurück nach Belgrad. // Lumpi: ist ein Hund. // Bartl: der, der den Toten (–>) findet und sich um Lumpi  (–>) kümmert. // Vitus: der, der der Tote ist, erster von mehreren. //  Wellfisch: Gendarmeriehauptmann, wartet auf die Ankunft der Aale. Schnitzt in der Freizeit Kuckucksuhren, in denen der Vogel durch eine „kuckuck-kuckuck“-rufende Forelle ersetzt wird. Begeisterter Angler (–>), fühlt sich aber durch die aktuellen Ereignisse eher gestört. // Pamminger: Metzger. Hier werden die Toten zwischengelagert. Wisente: Befinden sich als Malerein in der Höhle. Welche Höhle? So weit bin ich noch nicht im Text. //Aloysius Hintersteiner: hat sich wohl verzockt, der Gute. Ja ja, dieses Immobilienblasen… Blöd nur, wenn es die Gelder der Gemeinde sind, die da perdü gehen // derselbe: Vater von Philip, Besitzer des Hotels: „Zum Hohen Hirn“. Karin: Ex-Frau des Toten No. 1, ist bald wieder bei diesem, indem sie  Aloysius Hintersteiner (–>) zum Witwer macht, was der aber garnicht merkt, wegen seiner eigenen Probleme.

Diverses: Gewitter: im Anzug // Blase: drückt Sandra (–>) gewaltig // Aale: folgen dem König // diverse Pilze: unbekömmlich // Besamer: auch der spielt seine Rolle // Strychnin: nicht in Bad Fucking, aber in Wien // Hundekeule: traditionell… //Tote: einer nach dem anderen // Höhle: dunkel, Wände mit Graffiti unbekannter Künstler bemalt //Wiener Philarmoniker: stürzen trotz einer gelungenen Tournee ab. //Tod: der alte Händereiber, dieser knochige….

Eigentlich ist jetzt alles klar, auch wenn ich natürlich bei weitem nicht alle handelnden bzw. nicht handelnden oder auch gehandelt werdenden Personen hier aufführen konnte. In Bad Fucking geht es jedenfalls rund, es gibt Tote und es fließt Blut, es geht um Höhlenmalereien und betrügerische Finanzgeschäfte, um Asylanten und ihre Heime bzw. wer sie bauen darf und zwischendurch um die vielen menschlichen Schwächen, mit denen man es allerorten, also auch hier zu tun hat. Palm zögert nicht, ein hohes Tempo vorzulegen, eine Wendung der Handlung jagt die nächste, von wegen beschauliche Provinz. Und als ob das nichts wäre, setzt er noch einen drauf und läßt sein Buch schließlich in einer Art Apok-aal-ypse enden, frei nach dem Motto: Wer den Aal hat, hat die Qual…. So ist auch die Bezeichnung „Krimi“ für diesen Roman etwas irreführend, selbst wenn es zeitweise so zugeht wie im 3. Akt „Opernboogie“ von Kreisler…. eher ist er eine Groteske, die ihren Unterhaltungswert u.a. aus der spannenden Frage zieht, was Palm noch alles an irrwitzigem eingefallen ist….

Als Österreicher wird man wahrscheinlich schenkelklopfend vor dem Buch sitzen, weil man die ganzen Anspielungen und Seitenhiebe auf die große und kleine Politik, die Palm in seiner Geschichte versteckt hat, bemerken und verstehen wird, hier geht dem deutschen Leser leider was ab. So bleibt aber immerhin ein irrwitziges Slapstickstück (Fischers Fritze fraß frische…) übrig, bei dem man sich, wenn man den Sinn für Logik abgeschaltet hat, prächtig amüsieren kann. Oder, um es im Stil des Buches (man kann es meiner Besprechung anmerken, Palm läßt seine Akteure im heimischen Idiom reden und meidet eine fein ziselierte Hochsprache) auszudrücken: Total durchgefickt, dieses Bad Fucking.

Kurt Palm
Bad Fucking
Residenz Verlag, 277 S., 2011

4 Kommentare zu „Kurt Palm: Bad Fucking

    1. vielen dank für den kommentar. ich habe mich sehr gefreut, es ist immer eine bestätigung, wenn dem autoren das eigene geschreibsel gefällt….
      aus windigen taunushöhen herzliche grüße zurück nach wien!

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    1. :-)

      danke für den hinweis, liebe caterina. erst habe ich mich ziemlicher erschrägt, aber dann kam ich wieder in die horizontale… es gab früher mal in der nähe von hier einen ort, der „pissighofen“ hieß. wollten die auch nicht mehr…

      den hinweis auf „reit im winkel“ find ich süß. da kann man mal sehen, wie die fantasie tobt, wenn sie vorher in eine bestimmte richtung gepolt worden ist….

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