Zwölf Kurzgeschichten, Stories, von Bukowski, geschrieben zwischen 1968 und 1972. Es sind typische Bukowskis, von der Bandbreite, die das Leben zu bieten hat, widmet er sich dem Teil, der beim Normalbürger ein eher defensives Zurückweichen hervorruft. Die Junkies, die Huren, Penner, die sich auf der Wettbahn herumtreiben und ein paar Dollar setzen mit der Hoffnung auf ein paar Dollar mehr für die nächste Flasche, Typen, denen kein Essen mehr vertragen, aber einen Drink immer, und fällt er noch so oft wieder aus dem Gesicht. Gelegenheitsjobs, die bei der ersten Gelegenheit wieder hingeschmissen werden, Beziehungen, die nur dazu dienen, zu zweit anstatt allein unterzugehen und die zu Ende sind, wenn etwas vermeintlich besseres an der nächsten Kreuzung steht. Reduktion des Lebens auf eine pure Triebbefriedigung, Fressen (eher weniger), Saufen, Vögeln. Kotzen, um Platz zu schaffen für eine neue Runde.
Mitleid, auch Selbstmitleid fehlt in den Stories. Bukowski ist ein guter Beobachter und guter Erzähler, er weiß die Pointen zu setzen, daß man – und wenn die Situation noch so tragisch ist – unwillkürlich lachen muss. Er sitzt mit Linda in irgendeinem billigen Hotel, schaut aus dem Fenster und ein Typ fliegt an ihm vorbei, auf der Straße zerplatzt er wie eine Tomate…. „.. Ich setzte mich hin und trank meinen Wein. Bald danach hörte ich den Krankenwagen. Was die da unten wirklich brauchten, war die Stadtreinigung. Naja, zum Teufel damit, wir hatten alle unsere Probleme. …“
Bukowskis Welt ist eine Gegenwelt, ein Sammelbecken für die, die aus der Welt der Normalbürger ausgesondert worden sind oder sich ausgekoppelt haben. Es ist aber auch ein Spiegel, den Bukowski uns vorhält, ein Bild, wie wir selbst auch wären, würden wir uns der Konventionen entledigen, der gesellschaftlichen Zwänge und dem Ehrgeiz, „etwas erreichen“ zu wollen, wenn es nur noch ums überleben, den nächsten Tag ginge. Was erreichen zu wollen, vllt eine Chance nutzen, wenn sie sich bietet … das haben die Protagonisten der Stories längst aufgegeben, ihre Erfahrungen haben sie nicht ermutigt und so haben sie ihren Zeithorizont auf das Warten bis zum nächsten Suff, den nächsten F*ck oder die nächste Wette zurückgeschraubt.
Der Autor, der sich gegen seinen eigenen Erfolg letztlich garnicht wehren konnte (wie er es selbst so schön in seinem Buch „Hollywood“ beschreibt … und der als Künstler natürlich auch immer eine gewisse Narrenfreiheit hatte) kennt die Schicksale, von denen er schreibt, aus eigenem Erleben. Daher wirft er niemandem etwas vor, die Dinge sind so, wie sie sind, er schildert sie mit einer Art poetischer Zärtlichkeit und Sympathie, er läßt seinen Figuren, mag ihr Schicksal noch so brutal auf sie einknüppeln, immer auch einen Rest von Selbstbestimmtheit und Würde.
Mehr von Bukowski bei aus.gelesen:
– Das Liebesleben der Hyäne
– Hollywood
Charles Bukowski
Das Leben und Sterben im Uncle Sam Hotel
Fischer TB, 128 S., 2009
Erstausgabe: 1990
Lange ist es nun her, seitdem ich Deine Rezension gelesen und mich davon habe inspirieren lassen. Vor ein paar Tagen habe ich „Das Leben und Sterben im Uncle Sam Hotel“ beendet und muss wohl eingestehen, dass ich kein Bukowski-Fan werde. Ich weiß einfach nicht, was der Autor mir sagen will, außer dass alles schlecht ist und das Leben der Armut hart.
Vielleicht schau ich mir noch Hollywood an oder kannst Du mir noch etwas empfehlen, was weniger aus Dauer-Gossenslang-Beschallung besteht?
LikeLike
in hollywood ist schon ein wenig alters“weisheit“ eingezogen, aber auch nur wenig. ansonsten wären vllt: „Das Schlimmste kommt noch oder fast eine Jugend“ bzw. „Der Mann mit der Ledertasche“ noch einen versuch wert, ich bin aber auch schon lange aus der bukowski-verschling-phase hinaus.
andererseits: wenn du dich nicht mit ihm anfreunden kannst, warum läßt du ihn dann nicht einfach beiseite? es gibt doch soviele autoren und bücher, da muss man sich doch nicht mit einem quälen, den man nicht mag… ;-)
LikeLike
Da hast Du natürlich Recht. :-) Ich wollte dem Bukowski eben noch eine Chance geben. Nichts wäre unfairer als einen guten Autoren nach einem einzigen unglücklich augewählten Buch schon in die ewige Verdammnis zu jagen.
Danke auf jeden Fall für Deine Antwort! ;-) Wenn ich irgendwann mal Lust auf ein weiteres Bukowski-Experiment habe, schau ich in Deine Bukowski-Besprechungen nochmal rein.
LikeLike
Mit „Ich komm einfach nicht ran.“ meinte ich, dass ich noch keinen Weg/Zugang zu diesem Buch gefunden habe, obwohl es nun schon so lange in meinem Regal steht. Ich dachte, du kennst es vielleicht.
LikeLike
Bukowski…. von dem habe ich hier schon seit Ewigkeiten „Aufzeichnungen eines Außenseiters stehen“ – ist mir aber noch nie in die Hände gefallen. Kennst Du das Buch? Ich komm einfach nicht ran.
LikeLike
deinen kommentar versteh ich leider nicht so ganz.. was meinst du mit „ich komm einfach nicht ran.“ das buch kannst du ja nicht meinen, das ist ja noch im verzeichnis lieferbarer bücher aufgeführt, in der analogen aufmachung wie das hier besprochene von ihm… es sollte also keine probleme machen, das buch zu bekommen…. meinst du das inhaltlich? ich kenn diesen titel jetzt nicht, kann also da nichts zu sagen…
LikeLike
Das Buch hört sich spannend an. Vielen Dank für die Rezension, da werde ich bestimmt mal reinschauen. Bukowski hat es bisher noch nicht in mein Bücherregal geschafft. Vielleicht ändert sich das ja nun.
LikeLike
schön, schön….. vielleicht sind solche geschichten von buk als einstieg garnicht schlecht bevor man sich seinen romanen widmet! viel spaß jedenfalls!
LikeLike
Danke, dass du Charles Bukowski eine Rezension widmest. Ich habe seine Bücher immer sehr gerne gelesen. Ich kann auch „Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend“ sehr empfehlen, darin ist Henry Chinaski das autobiographische alter ego des Autors. Ein Buch über Kindheit, Jugend und den frühen Jahren als Erwachsener. Für mich war es der ideale Einstieg in die Erzählwelt von Charles Bukowski.
LikeLike
ja, das buch steht bei mir natürlich auch im regal, wenn ich es mir recht überlege, habe ich eine ganze menge von ihm … es geht eine eigentümliche faszination aus von seinen werken, man hat das gefühl, er ist (war) mit sich im reinen, kein hass, keine negativen gefühle, viel menschlichkeit….
LikeLike