Erich Kästner (* 23. Februar 1899 in Dresden; † 29. Juli 1974 in München) schildert in diesem Büchlein seine Kindheit in Dresden von 1907 bis zum Ausbruch des 1. Weltkriegs 1914. Er erzählt seine Familiengeschichte, die Herkunft seiner Vorfahren, ihr Leben, ihr Arbeiten. Es sind beschauliche, anschauliche Geschichten, die den Geist der Zeit atmen, von denen sie handeln. Es sind Geschichten gegen das Vergessen … Sachsen, damals noch Königreich, das noch unzerstörte Dresden (wie sagt Kästner so schön: niemand hätte ihm beibringen müssen, was Schönheit sein, in Dresden hätte er sie tagtäglich um sich herum gehabt), die Schule, die damals noch Prügelschule war und vor allem auf Strenge setzte – für so einen lernbegierigen Schüler wie den kleinen Erich ein Graus. Das Straßenbild der Stadt noch von Pferden, nicht von Autos dominiert (mit dem Pferdehandel wurden die Onkels steinreich), der Übergang vom Handwerk in die Fabrikfertigung, der der Vater mit seinem Beruf zum Opfer fiel, die Bemühungen der Mutter, durch einen eigenständigen Beruf zum Familieneinkommen beizutragen, die Pflichten des jungen Erich, der früh in das Alltagsleben mit eingebunden wurde. Im Hause Kästner wohnten Lehrer zur Untermiete, die den Berufswunsch des Jungen prägten, den dieser dann aber kurz vorm letzten Termin wieder von sich wies – zum Glück. Mehr lernen wollte er und seine Eltern ließen ihn – keine Selbstverständlichkeit in diesen Tagen, zumal sie die letzten Jahre eifrig auf die Lehrerausbildung gespart hatten.
Überhaupt die Mutter… das Verhältnis von ihr war äußerst gut, sie verstanden sich, machten tagelange Wandertouren durch die Landschaften Sachsens, sie war der Fixpunkt des Jungen in seiner Jugend, auch wenn (zumindest der ältere Kästnter) er ihre Schattenseiten, ihre Schwachpunkte durchaus sieht.
Kästner ist mit diesem Buch eine wunderschöne kleine Sammlung von Kindheitserinnerungen gelungen, geschrieben (man merkt dies den manchmal etwas betulich und aufgesetzt wirkenden Wiederholungen an) für junge Menschen. Trotzdem ist es natürlich kein Kinderbuch… ich habe es während einer längeren Bahnfahrt gelesen, zwischendurch die Landschaft an mir vorbeiflitzen lassen und bin das eine oder andere Mal ins Träumen geraten….
Facit: wunderschön nostalgische Erinnerungen aus einer vergangenen Zeit
Links:
Wiki zu Erich Kästner
Erich Kästner
Als ich ein kleiner Junge war
dtv, 2003, 208 S.
ISBN-10: 3423130865
ISBN-13: 978-3423130868
Ja, das ist ein bezauberndes Büchlein. Ich habe es letztes Jahr im Bücherregal einer Ferienwohnung in Radebeul gefunden und gleich gelesen – auf dem Balkon sitzend mit Blick auf Dresden.
Gruß, Carmen
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.. ach, wie schön! Das passt natürlich noch viel besser als die Bahnfahrt von mir!
danke für deinen Kommentar!
lg
fs
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Ich tue mich oft mit Biographien und Erinnerungen schwer, mal wegen der Sprache, mal wegen der strikten Chronologie. Dies scheint mir laut deiner Rezension aber hier nicht der Fall zu sein – muss ich mir mal im Buchhandel anschauen!
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Nein, es ist sehr gut zu lesen, garnicht so wild chronologisch. Oft verweist er darauf, daß das, was er erzählt hat, eigentlich erst ein paar Jahre später stattfand und er vorgegriffen hat. Es ist mehr so eine Art Skizzensammlung, in der man dann auch schon mal einen Blick zur Seite wirft, auf ein Bild, das erst später kommt… ich bin sicher, wenn du es dir anschaust, daß es dir gefällt.
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