Richard K. Breuer: Die Liebesnacht des Dichters Tiret

Da lag es nun einige Monate in meinen Regal, das zweite der beiden Bücher, die mir Breuer seinerzeit mit der Bitte um Vorstellung zusandte. Und da das Rotkäppchen meine Meinung durchaus teilte, war mir zugegeben etwas bang vor diesem Werk. Doch (wie der Chinese sagen würde): Übellaschung! Ja, das Buch hat mir gefallen, ich habe es in einem Schwung durchgelesen und ich freue mich auf die weiteren Bände dieser Reihe, die uns Breuer ja verspricht.

Die Handlung spielt im Herbst/Winter 1788, sie setzt in Polen ein. Die fiktive Figur des Gelehrten Aleksander Mickiewicz verliebt sich in die schöne Tochter eines polnischen Aristokratengeschlechts und erfährt en passant, daß er selbst verheimlichter Sproß eines alten Königsgeschlechts ist, zudem noch der letzte dieses Geschlechts, dessen Reichtümer und Besitzungen mittlerweile aufgeteilt sind unter alle anderen Geschlechter. Denkbar ungünstige Voraussetzungen für ein Outing. Mickiewicz wird kurzerhand vom Marquis d´Angelique, der von der verstorbenen Mutter M´s zur Sorge verpflichtet wurde, unter die Fittiche genommen und als Sekretär eingestellt. Ursprünglich an englischer Geschichte interessiert, schwenkt er nun naheliegend auf die französiche um, denn zusammen mit dem Marquis reist man zurück nach Frankreich, wo sich politische Vorgänge anbahnen, deren Tragweite man noch nicht absehen kann.

Sicher, in manchen Passagen kommt einem das Büchlein vor wie ein Geschichtsunterricht, etwa, wenn ausführlichst Mirabeu zitiert wird, der Untertitelgeber dieses Büchleins. Aber was solls, es ist flüssig geschrieben, liest sich gut und ist zudem meist auch noch ganz interessant… Sowieso erfährt man eine Menge Klatsch und Tratsch über das vorrevolutionäre Frankreich, in dem Hagelstürme große Ernteausfälle verursacht haben, eine kalter Winter ein übriges tut, die Not zu verschärfen. Dazu noch Freigeister, die Unruhe säen, heißen sie nun Voltaire, Rousseau oder de Sade (obwohl dessen Elaborate offensichtlich nur sehr wenigen zugänglich sind. Auch hier haben sich die Zeiten geändert… ) und zu allem Überfluss knappt das Land am Geld.

Das Buch lebt von Dialog, von den Unterhaltungen der Akteure, die sich sowohl um politisches als auch um privates drehen, denn immerhin hat Mickiewicz, der unerfahrene, ja sein Herz in Polen verloren …. Handlung, Aktion kommt nur sporadisch vor, und dort, wo sie geschieht, soll sie im wesentlichen das gesprochene Wort verstärken, dessen Inhalt verdeutlichen. Der Ton, die Wortwahl, deren sich Breuer befleissigt, scheinen mir stimmig in dieses Zeiten zu passen, sie schaffen die Atmosphäre, in der die Handlung spielt, sind aber nicht so übertrieben, als daß man den Text nicht gut lesen könnte. Ich denke mir, der Autor hat vor dem Schreiben eine Menge zu lesen gehabt….

Das Büchlein selbst: mit viel Liebe gestaltet, man sieht ihm an, das Herzblut daran hängt. Eine passende Typographie, ein schönes, stimmiges Cover, ein Prelude, ein Vorwort und eine Overtüre, Anmerkungen, Hinweise auf Quellen und Literatur und ein Nachwort. Hätte ich doch fast noch die Danksagung am Schluss vergessen… und: ja, auch Text, zwischen Overtüre und Anmerkungen. Zu letzteren noch eine von mir: Wollte ich doch höchstpersönlich mal nachschauen, ob Casanova zu Rousseau nicht vielleicht doch ein wenig mehr gesagt hat als es Breuer zitiert, nur.. wenn als Quelle für die zwei Zeilen pauschal der gesamte Band 3 der Erinnerungen (in meiner Ausgabe immerhin gut 380 S. stark) genannt wird, ist das etwas schwierig.. a bisserl genauer dürfte es dann doch sein, das mit den Quellenangaben…

Und wie schon beim Rotkäppchen, vermarktet Breuer sein Buch mit viel Schwung und Elan, wie gesagt, man merkt, wie sehr ihm sein Werk doch am Herzen liegt…

Link: zur Internetseite der „Tiret„-Reihe. Der 2.Band „Brouillé“ – ein Kriminalstück im (wie der Autor sagt) „Agatha-Christie-Stil“ – wird
voraussichtlich Anfang des Jahres 2010 erscheinen. Eine Leseprobe gibt es bereits zum Herunterladen:
http://1668cc.wordpress.com/brouille/.

Die Aktualisierung:

Sodele, heuer schreiben wir mittlerweile den November des Jahres 2011 A.D. und der werte Autor liefert den Trailer für sein Werk, den anzuschauen nicht zuletzt der Schönen wegen lohnt….

Facit: ein hübsches, kleines Büchlein, das sich dem Atmosphärischen am Vorabend der französischen Revolution widmet und zum Schluss noch mit einer netten Volte aufwartet.

Richard K. Breuer
Die Liebesnacht des Dichters Tiret
Eigenverlag, 230 S.
ISBN 978-3-9502498-1-1

5 Kommentare zu „Richard K. Breuer: Die Liebesnacht des Dichters Tiret

  1. Soll ja nicht heißen, dass man sich die Kritik nicht zu Herzen nimmt. Nun erscheint Band II „Brouillé“ und hier wird all jenen geholfen, die mit dem schulischen Geschichtsunterricht so ihre Mühe hatten *gähn*.

    Brouillé ist als eigenständiger und spannender Krimi anzusehen, der die eingeführten Charakteren aus Band I in ein Wirrwarr aus Verschwörung und Verbrechen hineinzieht.

    Wenn du Interesse hast, es zu rezensieren, dann gib mir Bescheid und ich schick dir ein Beleg-Exemplar.

    Servus aus Wien
    R.

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  2. R.B. geht sehr behutsam bei einer Buchvorbereitung vor. Sowohl was Layout und Schriftsatz anbelangt. Ich habe das gerade bei diesem Buch sehr mitverfolgt, das mir scheint aber schon mehr als ein Jahr am Markt ist.
    Mir hat das Buch auch gefallen. Das einzige was sich meiner Meinung gespreizt hat, waren diese verbissenen Querverweise, wo du eigentlich mehr Genauigkeit einforderst. Bei mir hat das genau das Gegenteil ausgelöst und es stellte sich für mich die Frage: Lese ich das Buch jetzt, weil ich darüber eine Doktorarbeit schreiben soll, oder weil ich Geschichte und Unterhaltung miteinander verquickt erleben will.
    Das hat ein bisschen etwas von Frontalunterricht in der Schule gemein. So habe ich Breuer immer mit dem Rohrstaberl vor mir gesehen, der mir hin und wieder auf die Finger klopft, wenn ich unaufmerksam war (altes Schultrauma). Ich würde mir bei seinen Büchern mit geschichtlichem Hintergrund mehr Leichtigkeit wünschen.

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    1. Nein, nein, alles hat seine Ordnung.. du hattest einen Buchstaben in deinem Namen vergessen, deswegen war der Kommentar erst einmal in der Warteschleife gelandet. Ich habe mir erlaubt, diesen ursprünglichen reinzusetzen und den anderen wieder rauszunehmen…

      Von der Einschätzung liegen wir nicht zu weit auseinander, ich habe ja auch geschrieben, daß das Werk mich ab und an einen Geschichtsunterricht erinnert. Und die Genauigkeit, die ich forderte, bezieht sich auf die Quellenangabe… Sicherlich, die Auszüge aus den Mirabeau´schen Briefen klingen ein wenig nach „schaut, was ich alles gefunden und gelesen habe…“, aber da nehm ich mir als Leser eben auch die Freiheit, etwas schneller zu lesen. Schließlich habe ich als Schüler ja auch öfter mal im Unterricht Auszeiten genommen…. ;-)

      Danke für deinen Kommentar!

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